Vollakademisierung in Sichtweite? HVG begrüßt den Konzeptentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG)

Das zuständige Referat im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) führt eine Befragung zu einem Konzeptentwurf über die zukünftige Ausgestaltung der Berufe in der Physiotherapie durch. Der Konzeptentwurf beinhaltet faktisch eine Vollakademisierung der Ausbildung zum/zur Physiotherapeut*in.

In seiner Stellungnahme begrüßt der HVG den Konzeptentwurf mit folgendem Wortlaut:

Der Hochschulverbund Gesundheitsfachberufe (HVG) unterstützt den Vorschlag des BMG, zwei Berufe im Berufsfeld der Physiotherapie einzurichten und dabei die Ausbildungsstrukturen grundlegend und zukunftsorientiert zu novellieren. Mit diesem Vorschlag wird den mit der wachsenden Komplexität und dem Fachkräftemangel in der Gesundheitsversorgung verbundenen Herausforderungen angemessen begegnet. Zentral ist die Ausrichtung der beruflichen Ausbildung an zu erwerbenden Kompetenzen, sowohl bei der Reform der bisherigen Ausbildung zum/r Masseur*in und Med. Bademeister*in als auch bei den hochschulischen Studiengängen im Bereich der Physiotherapie. Die Kompetenzorientierung und Modularisierung ist in den bereits existierenden Studiengängen schon seit Jahren erprobt und positiv evaluiert. Die vorhandenen Qualifikationsrahmen DQR und HQR bilden eine geeignete Orientierung für die jeweiligen Novellierungsanforderungen, verbunden mit klar abgrenzbaren Tätigkeits- und Aufgabenfeldern.

Der HVG schlägt eine Entwicklung der derzeit zweijährigen Ausbildung zum/r „Masseur*in und medizinische Bademeister*in“ hin zu einem attraktiven Berufsbild vor, das auf einer soliden beruflichen Ausbildung für Absolvent*innen mit mittleren Bildungsabschlüssen durch eine dreijährige Ausbildung auf DQR-Niveau 4 beruht und eine anschließende fachgebundene Durchstiegsmöglichkeit in Physiotherapie-Studiengänge eröffnet. Eine effektive und effiziente Gesundheitsversorgung mit Physiotherapie erfordert hingegen eine Qualifikation von Physiotherapeut*innen auf Stufe 6 des DQR bzw. Stufe 1 des HQR. Eine grundständige Qualifizierung auf Bachelorniveau entspricht den aktuellen Anforderungen des Berufsbildes und gewährleistet zudem die Grundlage für den Anschluss an europäische und internationale Ausbildungsstandards und Forschung. Von zentraler Bedeutung sind hierbei die Evidenzbasierung und die interprofessionelle Orientierung des physiotherapeutischen Handelns. Eine hochschulische Ausbildung stellt die Voraussetzung hierfür in besonderem Maße sicher. Einerseits erfordert eine evidenzbasierte Physiotherapie eine wissenschaftsbasierte Ausbildung, wie sie nur an Hochschulen geboten werden kann, andererseits bieten Hochschulen durch die Ausbildung mehrerer Gesundheitsberufe an einem Standort die idealen Voraussetzungen für interprofessionelles Lehren und Lernen. Schließlich können auf diesem Weg die Disziplinentwicklung befördert und wissenschaftsgeleitete Innovationen für die Gesundheitsversorgung entwickelt werden. Die entsprechenden Kompetenzen sollten in dem Berufsgesetz verankert werden.

Der HVG schließt sich im Weiteren den Antworten des Fachbereichstags Therapiewissenschaften (FBTT) an. Er hat zudem an den Antworten des SHV beratend mitgewirkt, dessen Ausführungen sich u.a. auf das anhängende Kompetenzprofil Physiotherapie stützen.

Licht am Ende des Tunnels zur Vollakademisierung der Physiotherapie? Ein positives Signal aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG)

Nach dem Konsultationsverfahren zur Vorbereitung des Referentenentwurfs über die Berufe in der Physiotherapie im Jahr 2021 hat das zuständige Referat im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) nun eine ergänzende Befragung zu einem Konzeptentwurf über die zukünftige Ausgestaltung der Berufe in der Physiotherapie gestartet.

Dieser Konzeptentwurf sieht vor, die grundständige Ausbildung in den Berufen der Physiotherapie zu akademisieren. Als Ergebnis des letztjährigen Konsultationsverfahrens ergibt sich aus fachlicher Sicht des BMG „(…) eine klare Tendenz für eine Teilakademisierung der Berufe in der Physiotherapie (Masseurin und Medizinische Bademeisterin/Masseur und Medizinischer Bademeister sowie Physiotherapeutin/Physiotherapeut). (…) Bei der Auswertung der Rückmeldungen kristallisierte sich ein mögliches Konzept für eine Teilakademisierung der Berufe in der Physiotherapie im Sinne eines „Nebeneinanders“ einer fachschulischen und einer hochschulischen Ausbildung zu zwei Berufen in der Physiotherapie mit unterschiedlichen, klar abgrenzbaren Kompetenzen heraus. (…) Beide Berufe sind grundsätzlich zu erhalten; allerdings umfassend zu reformieren. Neben der bisherigen fachschulischen Ausbildung zur Masseurin und Medizinischen Bademeisterin/zum Masseur und Medizinischen Bademeister, die reformiert wird, würde eine rein hochschulische Ausbildung als Berufszugang für Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten vorgesehen werden. Sowohl die fachschulische als auch die hochschulische Ausbildung würden kompetenzorientiert ausgerichtet sein.“

Der HVG begrüßt dieses Signal für eine faktische Vollakademisierung der Ausbildung von Physiotherapeut*innen in Deutschland. Derzeit werden eine entsprechende Stellungnahme und die Beantwortung der Fragen des BMG in enger Abstimmung mit dem Bündnis Therapieberufe an die Hochschule, dem Fachbereichstag Therapiewissenschaften (FBTT) und dem Fachausschuss Physiotherapie des Spitzenverbandes der Heilmittelverbände (SHV) vorbereitet.

Der HVG fordert natürlich auch die Vollakademisierung der Ergotherapie und der Logopädie, diese steht aber derzeit noch nicht auf der Tagesordnung. Dennoch besteht die begründete Hoffnung, dass der Konzeptentwurf auch für die Akademisierung dieser beiden Therapieberufe wegweisend ist. Konkret hat sich das BMG unserer Kenntnis nach dazu aber noch nicht geäußert. Der HVG bleibt am Ball.

Veranstaltungsbericht: Empowerment für die Promotion in den Therapiewissenschaften

Am 11.10.2021 veranstalteten die Fachkommission (FK) Forschung des Hochschulverbundes Gesundheitsfachberufe (HVG) und der Verein zur Förderung der Wissenschaft in den Gesundheitsberufen (VFWG) per Zoom ein Kick‐off‐Meeting, um zu erfahren, welche Unterstützungsbedarfe junge Wissenschaftler*innen vor und während einer Promotion in den Therapieberufen Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie haben. Die Veranstaltung knüpft an die Tradition von Tagungen zu dem Thema an, die der HVG mit unterstützt hat: 2011 in Halle‐Wittenberg und 2014 in Berlin. Die hohe Teilnahmezahl von fast 100 Interessierten zeigt, dass dies ein bedeutendes Thema für den wissenschaftlichen Nachwuchs und die Zukunft der Therapieberufe ist.

Den vollständigen Artikel finden Sie hier.

Pressemitteilung: Die Reform der Berufsgesetze der Therapieberufe muss eine hohe Qualität der praktischen Ausbildung in den Therapiestudiengängen sicher stellen!

Am Freitag, 18. Juni 2021 fand die jährliche HVG-Mitgliederversammlung mit reger Beteiligung der Mitglieder online statt. Die Pressemitteilung zu dieser  „Die Reform der Berufsgesetze der Therapieberufe muss eine hohe Qualität der praktischen Ausbildung in den Therapiestudiengängen sicher stellen!“ finden Sie hier.

Pressemitteilung der HRK: Roadmap Gesundheitsberufe: Akademisierung der Gesundheitsberufe gemeinsam vorantreiben

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ruft den Gesundheitsausschuss des Deutschen
Bundestags dazu auf, einen umfassenden Prozess zur weiteren Akademisierung der
Gesundheitsberufe unter maßgeblicher Beteiligung der Hochschulen anzustoßen. Mit dem gestern im Ausschuss beratenen Entwurf zu einem Gesundheitsversorgungs-weiterentwicklungsgesetz (GVWG) beabsichtigt das Bundesgesundheitsministerium, die Laufzeit der Modellklauseln für Studiengänge in den Gesundheits- und Therapieberufen bis Ende 2024 zu verlängern. Diese Verlängerung sollte nach HRK-Auffassung für einen entsprechenden ressort- und ebenenübergreifenden Prozess genutzt werden.

Die vollständige Pressemitteilung finden Sie hier.